Volkstanzgruppe auf neuer Mission

 

Wir schreiben das Jahr Eintausentneunhundertvier­undneunzig. Und wieder macht sich die Volkstanzgruppe Benthullen-Harbern mit ihrer 23-köpfigen Mannschaft auf in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ihr Auftrag lautet: Den Eingeborenen jenseits des Atlantiks die Vorzüge des norddeutschen Volkstanzes näherbringen. Und so fliegen sie ab Hamburg ei­ner ungewissen Zukunft entgegen.

Allen Befürchtungen zum trotz erreicht die vollzählige Mannschaft mitsamt ihrer Ausrüstung den vorgesehenen Landeplatz in einem Ort namens New York. Für die Stammannschaft eine bekannte Gegend. Einige der einprägsa­men Landschaftsmerkmale wie das World Trade Cen­ter und die Freiheitsstatue werden sofort wiedererkannt. Hatte man doch auch bei den letzten beiden Besuchen in diesem Land diese Gegend als Aus­gangspunkt für weitere Erkundungen gewählt.

Bei der ersten Erkundungs­fahrt ins Landesinnere stößt die Gruppe in der Nähe von Trenton auf eine Ansammlung von Deutschstämmigen.  Die Verständigung vereinfachte sich hier­durch sehr, obwohl alle Teilnehmer an dieser Ex­pedition mit den notwendig­sten Englisch­kenntnissen ausgestattet wurden.

In den Behausungen dieser sehr gastfreundlichen Men­schen ist die Verpflegung und Unter­kunft für die ersten Ta­ge gesichert. Bei den ersten Erkundungen in die näherer und weitere Umgebung ist die ortskundige Führung der Eingeborenen sehr hilfreich. Die Einladung zu einem großen Stammestreffen im Garden State Art Center vermittelt neue Erkenntnisse über die Kultur dieser Menschen. So bieten „Heino und Hannelore“ ihre Gesangskünste ebenso da, wie „Stefanie Hertel“. Die Gäste von der Volkstanzgruppe Benthullen-Harbern bekommen hier die erste Gelegenheit ihre norddeutschen Volkstänze einem Publikum von 12.000 Einge­borene vorzustellen.

Bei den Erkundungsfahrten ins Landesinnere und an den Ozean kommt es zu weiteren Be­gegnungen mit deutschstämmi­gen Eingeborenen. Sie schei­nen in dieser Gegend des Landes gehäuft vorzukommen. In New York münden diese Begegnungen in einer Versamm­lung mit anschließendem mehrstündigen Umzug zu Ehren eines „General Steuben“, der sich auf seine Weise für dieses Land verdient gemacht hat. Als Gast nimmt auch die Volkstanzgruppe Benthullen-Harbern an der Parade teil und sorgt für ein entspre­chendes Aufsehen. Das un­vermittelte Treffen mit einer weiteren Expedition aus Delmenhorst sorgt zwar Anfangs für einige Irritatio­nen, wird dann aber als gegeben hingenommen.


Um weitere Regionen dieses weiten Landes zu erforschen wagt sich die gesamte Mann­schaft in Gebiete vor, in de­nen noch keiner von ihnen zu­vor gewesen ist. In der Nähe des Ortes Slippery Rock wird in einem zu dieser Jahreszeit verwaisten Sommercamp Quar­tier bezogen. Von diesem Stützpunkt aus werden auch die tosenden Wasser der Niagara Fälle in einer Ta­ges­reise erkundet. Hier trifft man auf eine große Anzahl Menschen, die sich durch gelbe und blaue Überzieher aus Kunstofffolien vor den Unbilden der Natur zu schüt­zen versuchen. Einen beson­ders interessanten Eindruck machen diejenigen, die sich zusammengedrängt wie die Lemminge, nur von einer Nußschale von Boot geschützt, in die Fälle vorwagen.

Eine Begegnung der besonderen Art überrascht die Tanzgrup­pe in Mercer. Ansonsten nor­male Menschen nageln sich dort Metallplatten unter ihre Schuhe um bei ihren Tanzvor­führun­gen mehr Krach zu erzeugen. Der Anziehungskraft dieser sonderbaren Methode unterliegt auch ein Teil der deutschen Volkstänzer. Auch sie schnallen sich diese beschlagenen Schuhe unter und versuchen sich an den ersten Schritten in dieser besonde­ren Gangart. Die absolute Krönung ist jedoch, daß sie diese Bewegungen, die die Einheimischen „Clogging“ nennen, mit in ihre Heimat nehmen wollen.

Bis zum Abend vor der Rück­reise bleibt man von den deutschstämmigen Eingeborenen in dieser Region unbehelligt. Doch auch hier haben sie sich schon ausgebreitet. Auf einem Stammestreffen der Transsil­vanier Sachsen (Dracula läßt grüßen)in Ellwood City findet die Volkstanzgruppe noch einmal die Gelegenheit die Vorzüge der einheimischen Kü­che zu ge­nießen. Es werden wieder einmal Heiße Hunde und Norddeutsche Großstädter zum Verzehr angeboten. Zum Abschluß dieser Speisenfolge laben sich dann alle an den Vorführungen der norddeut­schen Volkstänze.

Da auch der Rückflug ohne Komplikationen verläuft, was einige doch etwas langweilt, muß diese Expedition als ein voller Erfolg gewertet werden. Die gestellte Auf­gabe, nämlich die Vermittlung von norddeutschem Kulturgut, ist hervorragend gelungen. Dabei ist auch zu ver­schmer­zen, daß etwas von der Kultur der Eingeborenen mit über den Atlantik schwappte.